Tarifrunde Eisen und Stahl 2022
Ende der Friedenspflicht: Erster Warnstreik in Finnentrop

3770 Beschäftigte machten gestern mit Warnstreiks Druck auf die Tarifverhandlungen in der nordwestdeutschen Stahlindustrie. Die IG Metall will eine prozentuale Lohnerhöhung, die Arbeitgeber nur eine Einmalzahlung. Heute gehen die Warnstreiks weiter, auch in der ostdeutschen Stahlindustrie.

1. Juni 20221. 6. 2022


Mit Ende der Friedenspflicht startet die IG Metall in die Warnstreiks in der Eisen- und Stahlindustrie. Zum Auftakt legten gestern 3770 Beschäftigte in 13 Betrieben in der nordwestdeutschen Stahlindustrie die Arbeit nieder. Auch in Finnentrop legte die Belegschaft von thyssenkrupp SE die Arbeit für mehrere Stunden nieder. Die deutsche Wirtschaft sei „ganz gut durch die Krise gekommen“, betonte Arenz, selbst in den Corona-Jahren hätten die meisten Unternehmen gut verdient „und sie tun es noch immer“. Die großen Konzerne stünden vor Rekord-Ausschüttungen an ihre Aktionäre: 70 Milliarden Euro seien das, doppelt so viel wie 2021. Trotzdem boten die Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen bislang lediglich Einmalzahlungen. Die IG Metall fordert jedoch eine dauerhafte Lohnerhöhung in Prozenten, die in der sogenannten „Entgelttabelle“ festgeschrieben wird.

Die mit 3000 Beschäftigten größte Warnstreik-Aktion fand bei der Salzgitter AG in Niedersachsen statt. „Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber in den letzten zwei Verhandlungsrunden führte dazu, dass wir heute im Arbeitskampf sind. Sie haben die Fronten unnötig verhärtet und den Konflikt bewusst eskalieren lassen“, kristisierte Thorsten Gröger, IG Metall-Bezirksleiter in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in seiner Rede. „Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten und Ergebnissen in vielen Teilen der Stahlindustrie gut aussehen, stellen sich die Arbeitgeber bislang stur. Diese Blockadehaltung werden wir aufbrechen – heute ist nur der Anfang.“
 

Entgelte nachhaltig erhöhen

Weitere Kundgebungen fanden in Gelsenkirchen, in Mülheim an der Ruhr, in Bottrop und in Finnentrop im Sauerland statt. Bereits am Vorabend hatte die IG Metall Duisburg-Dinslaken die Warnstreiks mit einem Fackellauf bei „Tiger & Turtle“ in Duisburg eingeläutet, woran sich 150 Beschäftigte aus acht Unternehmen beteiligten. 

„Der Warnstreik hat deutlich gemacht, dass die Beschäftigten nicht bereit sind, sich diese Tarifrunde mit einer Einmalzahlung abkaufen zu lassen“, erklärte Verhandlungsführer Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, der als Gastredner digital beim Warnstreik in Finnentrop zugeschaltet war. „Die Beschäftigten wollen nachhaltig an der guten Situation der Branche beteiligt werden. Dafür braucht es eine Erhöhung der Entgelttabelle.“

Der Bürgermeister der Gemeinde Finnentrop, Achim Henkel, welcher vor seiner Wahl Polizeibeamter und lange im Kreisvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes aktiv gewesen ist, war für ein Grußwort erschienen. Er unterstrich, die Forderung nach einer spürbaren Lohnerhöhung nachvollziehen zu können, gebe es doch Milliardengewinne auf der einen und echte Reallohnverluste auf der anderen Seite. Eine Einmalzahlung habe keine Wirkung auf Zeit, daher könne er die Forderung der IG Metall verstehen und hoffe auf einen „guten Kompromiss“, zu dem die Tarifrunde am Ende führe.

Start der Warnstreiks auch in Ostdeutschland

Die IG Metall führt ihre Warnstreiks heute im Nordwesten fort, etwa in Bremen, Duisburg und im hessischen Dillenburg.

Zudem ist die IG Metall heute auch in der ostdeutschen Stahlindustrie in die Warnstreiks eingestiegen, mit Aktionen in sieben Betrieben.

„Die Stimmung war gut, die Leute haben Bock drauf“, berichtet Xenia Karapetian, Betriebsrätin bei ArcelorMittal (Eko Stahl) in Eisenhüttenstadt, wo 700 Beschäftigte von 6 bis 8 Uhr die Arbeit niedergelegt haben. „Wir werden nicht abweichen von unserer Forderung.“

Die IG Metall fordert eine dauerhafte Entgelterhöhung von 8,2 Prozent, angesichts einer guten Auftragslage, guter Gewinne und der hohen Inflation. Diese Forderung hatten die Tarifkommissionen nach Diskussion in den Betrieben Ende April aufgestellt. Die Tarifverhandlungen starteten Mitte Mai. Die Arbeitgeber bieten bislang nur eine einmalige Zahlung von 2100 Euro an, jedoch keine nachhaltige Erhöhung der Entgelttabelle.

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